Edward Snowden, die Russen, Chinesen & Co.

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Mittlerweile sogar auch schon in den Nachrichten unseres ORFs angekommen, ein "schönes" Beispiel sich selbst entzündender Dynamik:

The Sunday Times, ein Revolverblatt, derer wir in Österreich auch eine nicht wegdiskutierbare Anzahl auf dem Markt haben, verkündet, dass "die Russen" und "die Chinesen" nun, nach immerhin zwei Jahren, die Snowden-Dokumenten großteils entschlüsselt hätten. Das nun wundert mich ehrlich. Ich dachte, Computertechnologien seien schon weiter, schneller.

The Sunday Times, das Revolverblatt aus dem Murdoch-Imperium, erklärt weiters, das nun alle Spione der USA und Großbritanniens in höchster Gefahr seien, weil man schließlich in den Zielgebieten deren Arbeitsweise kenne. Der Originaltitel der Story lautete
British Spies Betrayed to Russians and Chinese.

Zu Deutsch: "Britische Spione an Russen und Chinesen verraten.

Nein, Namen von Spionen seien bei den Entschlüsselungen ans Tageslicht gekommen, aber immerhin die Arbeitsweise ... und die ermögliche möglicherweise doch immerhin Rückschlüsse. Sagt sogar die BBC. Auf Basis eines nicht näher genannter Informanten, der angeblich aus Regierungskreisen stammt.

Woher kommen diese tollen "Erkenntnisse" der Sunday Times (und auch die der besser beleumundeten BBC) so plötzlich?

Dem aufmerksamen Leser offenbart sich ohnehin schon, was da gelaufen sein dürfte - geht es doch um
British Spies

also um britische Spione. Und es geht um ein Medium, das sehr kommerziell geführt ist.

Ich hole nun ein bisschen aus: In Großbritannien ist eine Reform der Geheimdienste angedacht. Die Befugnisse sollen ein wenig transparenter an Gesetze gedunden werden. Der Rechtsraum, in dem sich die Geheimdienste dwerzeit bewegen, ist wohl ein wenig zu frei. Die Geheimdienste in ihren Möglichkeiten, jederzeit alles zu tun, "was getan werden muss", zu beschneiden, gefällt weder den Geheimdiensten selbst noch der aktuellen Regierung unter Cameron. Vielleicht auch, weil "was getan werden muss" dann womöglich von externen, nicht in die Geheimdienste eingebundenen Instanzen (z.B. Richtern), entschieden werden könnte.

Normale Menschen sind leicht zu beeinflussen. Als sicherstes Mittel hat sich die Angst bewiesen, das zeigt sich auch in Österreich täglich. Am beste noch, wen diese Angst diffus ist, sich nicht gegen konkrete Personen oder Zustände, sondern gegen verallgemeinerte richtet. Gutes Ziel solcher Ängste stellen "die Ausländer", "die Terroristen", "die Bösen" schlechthin etc. dar.

Nun, eine alte Geschichte wie die Snowden-Dolumente müssen allerdings neu gewürzt werden, um zum wirksamen Auslöser neuer (alter) Ängste zu werden.

Der in Brasilien lebende Glenn Greewald, einer der besten Kenner Snowdens hat sich mit dieser Entwicklung vor allem im Hinblick auf die Sunday Times auseinandergesetzt. Er zeigt im Detail auf, mit wieviel Faschinfomation die Artikel gefüllt wurden. Er zeigt ebenfalls auf, wie mit "anonymen" bzw. durch Schutz der journalistischen Quellen geschützten Informanten das Problem umgangen wird, die Falschinformationen als solche zu entlarven. Wie wollen wir einen Anonymen mit den von ihm (angeblich) getroffenen Aussagen bzw. mit Gegenbeweisen konfrontieren?
The whole article does literally nothing other than quote anonymous British officials. It gives voice to banal but inflammatory accusations that are made about every whistleblower from Daniel Ellsberg to Chelsea Manning. It offers zero evidence or confirmation for any of its claims. The “journalists” who wrote it neither questioned any of the official assertions nor even quoted anyone who denies them. It’s pure stenography of the worst kind: some government officials whispered these inflammatory claims in our ears and told us to print them, but not reveal who they are, and we’re obeying. Breaking!


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